Ein ganz normaler Tag

10:40, eine ganz normaler Samstag Morgen. Ich bin gerade in der Prager WG aufgewacht und schaue auf mein Handy. Meine Momentanmitbewohnerin scheint völlig aufgelöst zu sein. Ein bloßer Ausruf meines Namens „Nele!!!“ leuchtet auf dem verdunkelten Bildschirm auf. Es folgt: „Du musst ganz schnell kommen! Meine Schwester hat meine Haare verunstaltet“. Keine halbe Stunde später ruft sie mich an und wiederholt ihre verzweifelte Bitte. Aus irgendeinem Grund hatten Zoe inklusive ihres verschwisterten Anhängsels es fertiggebracht, mit dem ansonsten narrensicheren Rasierer einen löchrigen ´Flickenteppich (4mm an der kürzesten Stelle) zu fabrizieren. Ihr bisheriger Plan, nach Prag zu fahren, wurde auf Eis gelegt und Zoe bestand darauf, sich eine Mütze von mir auszuleihen, damit sie überhaupt das Haus verlassen könne.

Ich blieb also bis zum Abend in Prag und brachte es dann mit meinen heroischen Rasierfähigkeiten zustanden, die miese Friese in halbwegige Kunst zu verwandeln.

Aus Solidarität (Und natürlich um Zoe zu beweisen, dass ich die allerbeste Mitbewohnerin bin;)) ließ ich sie auch an meine Haare ran. Natürlich machte sie sich einen Spaß daraus, seltsame Muster in meinen armen Kopf zu schneiden.

Geendet hat diese Aktion in zwei halbglatzköpfigen Geschöpfen, die in den folgenden Tagen den Blick in den Spiegel mieden, allerdings trotzdem Erinnerungsfotos schossen, um im Nachhinein für Spiele wie „Ich habe noch nie“ das gewagte Abenteuer nachweisen zu können.

Auf unseren Spiegelbildschreck galt es sich erstmal die Bäuche vollzuschlagen. Um dem angeknacksten Samstagabend noch einen Hauch Romantik zu verleihen, zündeten wir Kerzen in Weinflaschen an, drehten die drei ??? auf volle Lautstärke und stellten uns dem Wagnis, das erste Mal selbst Nudeln zuzubereiten. Allen Befürchtungen entgegen war das Ergebnis mehr als ansehnlich und wir machten unserem östlichen Nachbarn mit unseren Pelminis (eine Art Maultaschen mit Fleischfüllung) alle Ehre. 

Beim anschließenden gemeinsamen Spieleabend, dessen Hauptinhalt darin bestand möglichst unauffällig zu schummeln, vergaß zumindest ich für einen Moment mein enstelltes Kopfgebilde (#mamaliebe). Nach allmählich vergangener Mitternachtsstunde wurde der Abend in einer kuriosen Kissenschlacht inklusive Kater immer heiterer. Der anschließende Heißhunger überfiel uns und wir machten uns auf zum Hungerfenster. Dies ist ein skurriler Kiosk auf engstem Raum, der erst um 16 Uhr öffnet und die Nacht über allen möglichen Gestalten eine warme Mahlzeit zubereitet. In unserem Fall immer einen grandiosen Burger mit gebackenem Käse. Der eigentliche Grund, weshalb ich diesen Moment hier schriftlich für unsere Nachfahren festhalten möchte, ist Zoe, die felsenfest davon überzeugt war, dass es sich bei dem Wort „krad“ um eine einheimische Abkürzung für das populäre Käsebrötchen handele. Sie bestellte mit einer amüsanten Selbstverständlichkeit „čtyřikrát prosim“ – „Vier mal bitte“. EIner Nachfrage folgend wiederholte sie“ krát“ – „mal“, welches die Bediendende mit einem sehr irritierten Blick erwiderte. So waren wir wiedermal als peinlich unwissende Ausländer enttarnt worden.

Große abschließende Worte:

Ja, mit Zoe im Gepäck ist alles besser, manchmal. (Hannahs Vorschlag)
Ja, mit Zoe im Haus habe ich das Gefühl, bereits Mutter geworden zu sein. (Neles Vorschlag)
Ja, Zoe scheint kuriose Geschehnisse parapsychisch (?) anzuziehen. (Zoes Vorschlag)

2 Gedanken zu „Ein ganz normaler Tag

  1. ich lese immer fleißig und interessiert mit und freue mich über jeden neuen Eintrag
    Alles Gute weiterhin und putze dein Fahrrad ab und zu 😉

  2. Hallo Nele!
    Ein gutes, gesundes und erfolgreiches Jahr 2018 wünsche ich Dir!
    Deine Texte sind sehr interessant und schön geschrieben, Du klingst richtig begeistert, das freut mich! Tolle Fotos, und man erkennt Dich sofort,- trotz neuer Frisur:)
    Alles Gute Dir weiterhin, LG Petra Balhar

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