Tänze, Tee und viel Natur

Es ist ein früher Abend Mitte Mai, der blaue Himmel über der Elbe straht mich an und die Vögel zwitschern. Ich sitze im Zug nach Ústi, freue mich auf einen schönen Abend an der Elbe und habe genug Zeit totzuschlagen, um einen neuen Artikel für meinen Blog zu schreiben. Doch Moment, da kann doch etwas nicht stimmen. Ich höre die Vögel?! Ganz richtig, der Zug steht. Zuerst lief ein sehr verschmiert aussehender Mechaniker durch mein Abteil, dann der Schaffner, der im vorbeigehen etwas von einem Maschinenschaden sagt.
Mittlerweile sollte ich längst in Ústi sein, mein Magen knurrt auch schon. Aber sehen wir es positiv, ich kann mich nun wirklich nicht mehr vorm Schreiben drücken.

Ich muss sagen, die letzten paar Wochen waren wirklich wieder sehr ereignisreich. Es wäre vielleicht einfacher gewesen, noch einen weiteren Artikel dazwidchen zu schieben, aber ich habe es schlichtweg vergessen. Mein Bericht vom letzten Kulturbrunch wird also in den nächsten Tagen nachgereicht.

Anfang Mai waren noch einige Gruppen da, aber vor allem eine hat mir besonders viel Spaß gemacht. Es war eine Gruppe von Studierenden, die mit einer Zeitzeugin zusammen nach Terezín gekommen sind. Zum Einen war es eine ganz besondere Erfahrung, mit ihr zusammen die Führung zu machen. Zum Anderen warrn auch die Leute einfach super toll. Zusammen konnten wir noch einige Orte in Terezín erkunden.

So schön es beizeiten mit Gruppen sein kann, umso schöner ist es aber dann auch, endlich mal wieder ein freies Wochenende zu haben.
An diesem besagten freien Wochenende ging es nach Ústi zur Burg Střekov (oder Schreckenstein) auf das Ûtulek Fest, das immer von den Freiwilligen des Collegicum Bohemicums mitorganisiert wird. Von der ASF-Front waren einige Virgänger*innen und eine große Anzahl aktueller Freiwilliger da. Obwohl die meisten Tschechen wirklich nicht die feierlustigsten Menschen sind, waren wir tatsächlich nicht die einzigen auf der Tanzfläche. Allgemein gesehen ist das Útulek eine wunderbar originelle Angelegenheit. Nur mal ein paar Eindrücke: Auf einem vielleicht vier Quadratmeter großen Stückchen Rasen (voll mit Pferdemist) standen mehr zehn Zelte, 99% von Deutschen. Die Bühne war direkt unter dem Galgen aufgebaut, was aus einigen Winkeln wirklich sehr merkwürdig aussah. Es gab einen Mann, der die ganze Zeit mit seinem Hund an der Leine tanzte – war die Nacht weiter fortgeschritten, war zwar die Leine noch um seine Hüften gebunden, aber der Hund war verschwunden.

Wie man lesen kann: Einer der alten Banner des Útulek-Fests

ASF-Freiwilligen-Gruppenfoto auf dem Útulek

Eine der Bands, die auf dem Útulek gespielt haben. Das besondere an dieser: Ihre Fähigkeit zu tanzen.

Vor allem die zweite Nach verbrachte ich größtenteils schlaflos im Zelt, immer mit Trommeln im Hintergrund. An sich wäre das kein Problem gewesen, aber ich musste am Sonntag morgen den Zug um 8:00 am Morgen bekommen.

Sehr verschlafen, verschwitzt und mit verschiedensten Dingen bepackt, standen Leslie und ich also gegen halb zehn in Prag am Bahnhof und warteten darauf, dass uns irgendwelche Menschen mit nach Lety zur Gedenkveranstaltung nahmen. Irgendwann, ich war beinahe eingeschlafen, hupte es hinter uns und jemand streckte seinen Kopf aus einem großen roten Teilauto. Kurzum, die Gedenkveranstaltung war bemerkenswert gut besucht, zum ersten Mal wohl ohne den Gestank der Schweinemast im Hintergrund. Danach gab es die Möglichkeit, zum ersten Mal das Gelände der Anlage zu betreten. Ein Archäologe berichtete von den Spuren des ehemaligen Konzetrationslagers, die sie bereits gefunden haben. (An dieser Stelle ein großes Danke an den Dolmetscher des Botschafters, der so gütig war, mich mithören zu lassen.)

Bevor ich weiter schreibe, noch ein kleines Zugfahrtupdate: mittlerweile haben wir 48min Verspätung und stehen immer noch an derselben Stelle – nicht einmal zwei Kilometer vom Bahnhof Litoměřice entfernt. Die Frau in meinem Abteil schaut sich Kriegsfilme an, vielleicht um ihre angestaute Wut loszuwerden. Und ich habe die einmalige Gelegenheit, durch ein dreckiges Zugfenster und mehrere Büsche hindurch einen sehr schönen Sonnenuntergang zu bewundern. Dazu ruckelt der Zug alle paar Minuten einmal wie bei einem Erdbeben und im Hintergrund vermischt sich Maschinengewehrfeuer mit Vogelgezwitscher und einem Fluchenden Lokführer. Was will man mehr?

Auf dem Rückweg aus Lety ließ ich mich in Pirna abholen, wo meine Eltern schon auf mich warteten. Aus einem Urlaub in Frankreich wurde ein Urlaub in der sächsischen Schweiz, den wir bei relativ gutem Wetter zusammen genießen konnten. Wir verbrachten einige super schöne Tage mit Wanderungen und einem Besuch in Tschechien.

Auch das nächste Wochenende hielt einige schöne Tage bereit. In Ústi fand das čaju Fest statt, eine Erfindung, die es viel h§ufiger geben sollte. Auf dem Gelände des Rundfunkes waren viele Teehäuser und Läden der Umgebung zusammengekommen um Tee, Essen und vieles andere zu verkaufen. Den ganzen Tag über konnten wir verschiedenen Tee probieren und dann in einem Wettbewerb unsere Stimme für den besten Tee abgeben. An einem Stand konnte man sogar Teil einer richtigen Tee-Zeremonie werden, es war unglaublich faszinierend.

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