Zdice. Nun gut, dachten wir uns, als wir auf dem Weg nach Písek dort umsteigen sollten, fahren wir also nach Zdice. Wie schlimm kann es schon sein? Auch als schon längst klar geworden war, dass unsere Zeit in Zdice sich auf über eine Stunde verlängern würde, waren wir noch guter Dinge. Denn beinahe jeder Bahnhof in Tschechien besitzt eine Bahnhofskneipe oder einen kleinen Laden. Zdice allerdings gehört nicht dazu. Der Zdicer Bahnhof ist eine Baustelle. Ohne begehbare Wartehalle, Toiletten oder Läden ist der Bahnhof ein Ort an dem man sich eher gestrandet als angekommen fühlt. Auch der Fahrkartenschalter besteht nur aus einem Fenster und einer Spahnholzplatte, die vorwurfsvoll angehoben wird, wenn man sich vor dem Regen in den einzigen geöffneten Raum flüchtet. Dabei hat Zdice sogar zwei Bahnhofsgebäude, ein Graues und ein fast identisches Blaues. Vielleicht hatte Zdice zu viel Geld übrig, weshalb man das alte graue Gebäude nicht gestrichen hat, sondern gleich ein neues daneben setzte. Und weil Bauen so viel Spaß machte, entschloss man sich dazu, gleich beide Teile Kern zu sanieren. Natürlich zu einer Zeit, zu der die Gleise zwischen Prag und Zdice saniert werden.

Der Bahnhof in Zdice. Es sind sogar beide Gebäude zu sehen.

Der Blick auf die andere Seite der Gleise.
Wir gingen also wandern, auf der Suche nach Zivilisation. Stattdessen fanden wir Schlamm, Schienen auf Schienen, und die Autobahn. Nicht, das was wir uns erhofften, aber ein gutes Fotomotiv.

Mein absolutes Lieblingsbild unseres Zdice-Spaziergangs. Schienen auf Schienen.
Zivilisation fanden wir dann, Sieben Stunden nach unserer Abfahrt, in Písek. Doch wir fanden nicht nur Zivilisation, sondern auch einen guten neuen Freund. Den Unbreakable Bert.
Der Unbreakable Bert ist Leslies neues Fahrrad, ein besonders schönes Exemplar aus den 80er Jahren. Sogar das originale Kettenöl ist noch im kleinen Beutel unter dem Sattel enthalten. Wir lernten ihn in einem Bazar in einer alten Lagerhalle kennen, wo er zusammen mit einem Frosch-Mülleimer und diversen Möbeln sein Dasein fristen musste.

Hier sind die beiden Dinge auf einem Bild vereint, die uns an diesem Wochenende am meisten beeinflusst haben: Zdice und Bert
Doch nun zu unserem Wochenende in Písek: Trotz Kälte und relativ viel Regen haben wir unsere Zeit in der Stadt genossen. Die Altstadt ist wirklich sehr schön (und mit der ältesten Steinbrücke Mitteleuropas, über die wir sogar Sankt Martin haben reiten sehen). Dazu kommt noch eine richtig gemütliche Cajovna und natürlich die Plattenbauten. In einem dieser Häuser, in einer sehr sehr kleinen Wohnung wohnt Leslie. Sie hat zwar nicht viel Platz, aber es reicht aus, um vier Gäste zu beherbergen.
Nach diesem wunderbaren Wochenende ging es dann wieder mit dem Zug und wieder über Zdice nach Hause. Glücklicherweise kamen wir dieses Mal pünktlich in Lito an.